Ein Wochenende bei Sargis und seiner Familie in Ttudschur

Auf der anderen Seite des Sewansees befindet sich das Dorf Ttudschur, in dem Eva, Karen und Sargis mit ihren Großeltern in einem kleinen Haus unter ärmlichen Bedingungen wohnen.Die Eltern haben die Kinder verlassen, weshalb sich nun die Großeltern mütterlicherseits um sie kümmern.

Sargis ist mit 15 Jahren der Älteste und hat bereits seine neun Jahre in der Hauptschule hinter sich gebracht. Der kleinere Bruder Karen ist neun Jahre alt und besucht die 4. Klasse. Die vierjährige Eva geht in den Kindergarten. Alle gemeinsam bewohnen sie ein Haus aus 2½ Zimmern, das durch den geringen Platz kaum bis keine Privatsphäre bietet. In den beiden Zimmern stehen Betten, Sofas oder Sessel und Schränke für Geschirr und Kleidung an allen Wänden. Außerdem besitzen sie in jedem der Zimmer einen kleinen Ofen, mit dem sie heizen und Müll verbrennen. Wie in vielen Haushalten gibt es drinnen auch einen Fernseher. Es gibt jedoch kein Badezimmer mit Toilette, Dusche und fließendem Wasser. Draußen im Garten befindet sich ein kleines Toilettenhäuschen mit Loch im Boden, und die kleine Eva hat ein Töpfchen.

Auch in der Küche gibt es weder fließendes noch warmes Wasser. Stattdessen nutzen sie beim Händewaschen einen kleinen Eimer zum Gießen des Wassers und müssen das Wasser für den Abwasch erstmal kochen. Die Küche befindet sich in einem halbfertigen Raum ohne eingesetzte Fenster und Türen. Dazu ist dieser in der anderen Richtung komplett offen. Diese Hälfte ist zwar auch überdacht, hat aber nur Plastikplane und Hühnerzaun als Schutz vor dem Fall in den Hof. Dort befinden sich ein Sofa und zwei Sessel und ein Tisch, unter dem sie Sachen lagern. Nun, zu Beginn des Frühlings, war es warm genug, aber ich kann mir gut vorstellen, dass es im Winter ganz schön kalt werden kann.


Trotz der schwierigen Lebensverhältnisse scheint es ihnen gut zu gehen. Am Anfang waren sie natürlich etwas schüchtern und scheu, doch zum Schluss sind sie aufgetaut und haben mir vertraut. So habe ich sehr aufgeweckte und energiegeladene Kinder gesehen. Man merkt jedoch auch etwas, dass die Eltern ein wenig fehlen. Die Großeltern geben ihr Bestes, können die Eltern aber nicht ganz ersetzen und haben im Alltag viel zu tun. Und auch wenn Sargis sich liebevoll um die beiden Jüngeren kümmert, kann auch er die Eltern natürlich nicht ersetzen und übernimmt viel Verantwortung, die andere in seinem Alter nicht auf sich nehmen müssen.

Ich konnte merken, dass vor allem die Kleinen sich sehr gefreut haben, jemanden zum Spielen zu haben, der ihnen die volle Aufmerksamkeit schenkt. Nachdem sie Vertrauen gefasst hatten, waren sie sogar etwas anhänglich. Als wir auf den Berg hoch gegangen sind, haben wir mit den Schneeresten auch eine kleine Schneeballschlacht gehabt, sind rumgelaufen, haben die ersten Blumen gepflückt, haben die Kleinen wie ein Karussell herumgewirbelt und getanzt.

Der Onkel wohnt mit seiner Familie, bestehend aus den beiden Söhnen und seiner Frau, direkt in der Nachbarschaft und schaut häufig bei seinen Eltern und den drei Kindern vorbei. Vor allem der jüngere der beiden Söhne, sechs Jahre alt, hat viel Zeit mit uns verbracht und mitgespielt. So merkt man die Wichtigkeit der Familie in Armenien. Ein anderer Punkt, auf den viel Wert gelegt wird, ist die Gastfreundschaft. So habe ich trotz den bescheidenen Mitteln reichlich Essen und Trinken angeboten bekommen und wurde trotz der Sprachbarriere herzlich aufgenommen.

Der Besuch war ein super interessantes, lehrreiches und schönes Erlebnis und ich hoffe sehr, der Familie weiter helfen zu können. Das ländliche Leben unterscheidet sich deutlich vom Leben in Jerewan, ist aber entgegen der Einschätzung vieler auf seine eigene Art schön und bietet viel Freude, auch wenn es hart ist.

Birka Piepenbrock, DCF-Freiwillige

Die Familie wurde im Express 1 25 vorgestellt. Wenn Sie helfen möchten, können Sie dies hier tun. Bitte geben Sie Projekt 1274 an.