Ostern im Schatten des Ararat

Das älteste christliche Volk der Welt feiert die Auferstehung Christi. Am späten Nachmittag des Karsamstag strömen Gläubige nach Etschmiatsin, dem geistlichen Zentrum Armeniens. Dort beginnen die Osterfeierlichkeiten. Die Messe hält der Katholikos, das geistliche Oberhaupt aller Armenier, in einem Ritus, der sich seit den Tagen der Urkirche kaum verändert hat. Gläubige aus aller Welt kommen an diesem Tag ins Land ihrer Urgroßväter, um das Fest mit ihren Landsleuten zu feiern. Überall in den Kirchen herrscht an diesem Tag aufgeregtes Kommen und Gehen. Alles ist mit Blumen und Blüten dekoriert, Mädchen tragen Kränze aus Blumen und Blättern, und das Volk erwartet die heilige Messe. Priester, Seminaristen und Mönche ziehen in einer langen Prozession zur Kathedrale, angeführt vom Oberhaupt der armenisch-apostolischen Kirche. Die Geschichte der Kathedrale, in der die Ostermesse zelebriert wird, reicht bis ins 4. Jahrhundert zurück. Geziert mit Ikonen ist sie das Symbol der armenisch-apostolischen Kirche, die jedes Jahr weitere Diaspora-Armenier zur Teilnahme bewegt.

„Jesus ist auferstanden!“ „Gesegnet sei die Auferstehung Christi!“ – So ertönt es überall an diesem Tag. In den Häusern herrscht festliche Stimmung; die Familien versammeln sich am Ostertisch, der mit traditionell armenischem Essen gedeckt ist. Besonders aufgeregt sind die Kleinen. Schon beim Anblick der bunt gefärbten Ostereier leuchten ihre Augen. Das „Eier Knacken“ ist bei ihnen besonders beliebt: Jeder nimmt ein gefärbtes Ei und versucht, die Eierschale des anderen mit seinem Ei zu knacken. Der Gewinner bekommt das Ei des anderen als Belohnung. Einer alten Tradition nach werden die ersten Eier, nach Anzahl der Familienmitglieder, am Vorabend – am Karsamstag –, mit Gewürzen gefärbt. Zuvor liest man in den Häusern ein Gebet vor. Eines der wohl bekanntesten Gewürze ist „Torun“, das zu dieser Jahreszeit in fast allen Gärten und auf Märkten zu fnden ist. Es ist die Wurzel einer Pflanze, die den Eiern ein schimmerndes Rot verleiht. Bei alledem helfen die Kinder aktiv mit. Die bunten Eier liegen traditionell auf einem breiten Teller mit gesprossenen Samen aus Weizen, Gerste oder Linsen. Sie schauen fröhlich aus dem üppigen Grün und locken alle zu Tisch.

Zum traditionellen Ostermahl gibt es gedünsteten Fisch. Dazu wird mit Trockenfrüchten garnierter Reis serviert. Als Getränk wird armenischer Wein gereicht. Die Osterfreude breitet sich im ganzen Land aus und erzählt von Blüte und Segen.

Angela Poghosyan, Dolmetscherin Patenschaftsabteilung DCF Jerewan