
Von Anghela Poghosjan – Dolmetscherin (rechts), AMRO-Patenkinder Teresa Geworgjan und Stepan Ohanjan, Foto von Gohar Keschischoghljan
Anghela: Liebe Teresa, lieber Stepan, ich begrüße Euch beide bei uns in den Räumen des DCF, im Dorf der Hoffnung. Ich möchte meine erste Frage an Teresa richten. Wie lange wurdest Du im Rahmen der Patenschaft betreut?
Teresa: Ich war klein und kam jedes Mal mit meiner Mutter ins Büro. Das Erste, was mir gerade einfällt, ist die Puppe, die ich beim ersten Besuch bekam. Dies ist einer der eindrucksvollen Momente, an die ich mich erinnern kann. Ich lebte mit meiner Oma, meinem Onkel, meiner Mutter und dem Bruder in Jerewan. Viel mehr erinnere ich mich an die Jahre danach. Mein Pate Herr B. war und ist für mich das Symbol der Gutherzigkeit. Ein Mensch, der uns nicht kannte und uns jeden Monat mit allem Nötigen versorgte. Auch die Zahnarztpraxis konnte ich immer gratis besuchen. Ich verstand, dass neben mir tausende Kinder versorgt werden. Jetzt, als eine erwachsene Frau, verstehe ich viel mehr und kann dies noch mehr schätzen.
Anghela: Ja, das war das Jahr 2011. In den Jahren wurden im Rahmen der Patenschaft rund 4000 Kinder und Familien versorgt. Und was machst Du aktuell beruflich?
Teresa: Nach dem Collegeabschluss im Jahr 2016 habe ich einen Studienplatz an der Agraruniversität bekommen. Ich habe Wirtschaft und Verwaltung studiert. Mein Pate unterstützte mich während der ganzen Studienzeit finanziell. Da ich später im Master gebührenfrei studieren durfte, gaben mir die zusätzlichen Spenden von Herrn B. die Möglichkeit, zusätzlich Englisch zu lernen. Und seit Februar 2023 bin ich Angestellte im Ministerium für Wirtschaft, ich bin in der Abteilung für Förderprogramme zuständig.
Anghela: Lieber Stepan, was kannst Du von den ersten Jahren der Patenschaft sagen?
Stepan: Ich war eines der Patenkinder aus dem Dorf Artaschar, damals im Jahr 2011. Ich war sechs Jahre alt. Die meisten Menschen lebten damals wie auch heute von der Landwirtschaft. Meinem Paten Herrn U. bin ich für immer dankbar. Die Patenschaft erleichtert meiner Familie auch jetzt noch den Alltag. An jedes Geschenk kann ich mich noch heute sehr gut erinnern. Auch damals kam das DCF-Team für Jahresberichte ins Dorf, die Mitarbeiter machten viele Fotos, sie stellten uns Fragen. Fotografiert zu werden hatte ich nicht gern. Jetzt bin ich 18 und habe selbst Interesse daran. Mein Bruder hat mir Fotografie beigebracht. Später möchte ich auch ein Studium machen, um Programmierer zu werden.
Anghela: Teresa, was ist für Dich der Schlüssel zum Erfolg?
Teresa: Leiste immer etwas mehr, als von dir erwartet wird.
Anghela: Stepan, kannst Du leicht Entscheidungen treffen?
Stepan: Viel mehr als unsere Fähigkeiten sind es Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind. Letztendlich ist einem jeder Weg zu weit, wenn er kein Ziel hat.
Anghela: Was ist Dein größtes Anliegen aktuell?
Stepan: Die Patenschaft beim DCF hat mir schon als Kind viele Möglichkeiten gegeben und sehr wertvolle Menschen in mein Leben gebracht. Dank Teresa habe ich verstanden, was ein Mensch erreichen kann, wenn er sich richtig Mühe gibt. Ich habe vor, im Rahmen der staatlichen Förderung ein Gewächshaus für meine Familie zu errichten. Ein Gewächshaus oder auch ein Intensivgarten als eine sichere Einnahmequelle, eine gute Möglichkeit, Produkte mit hoher Effizienz anzubauen und dabei jede Menge Wasserressourcen zu sparen. Um dies zu meistern, muss ich erst mit Fotografie genug Geld verdienen. Teresa hat mich motiviert.
Teresa: Der Staat setzt aktuell wichtige Impulse, um die Produktion heimischer Produkte in Intensivgärten und Gewächshäusern zu fördern. Heutzutage legen wir viel Wert auf Getreideanbau – als ein strategisch wichtiger Faktor der nationalen Sicherheit. Nicht nur die Förderung selbst ist von großem Wert, sondern auch die Schulung der Landwirte und die weitere Betreuung im Laufe von fünf Jahren. Agrarpolitik muss gerechter, einfacher und ökologischer werden: das ist das Motto. Punktuelle Bewässerung, keine Verluste durch Verdunstung, Bewässerung unabhängig von Windverhältnissen, keine nassen Blätter.
Anghela: Lieber Stepan, welche Agrargüter werden in Deiner Region, nämlich im Dorf Artaschar, angepflanzt?
Stepan: Während wir noch vor ein paar Jahren auch Erdbeeren anpflanzten, haben wir uns seit dem letzten Jahr nur für Wasser- und Honigmelonen entschieden. Im Gegensatz zu Erdbeeren bestehen hier viel weniger Risiken, und der Verbrauch ist zudem auch höher.
(Das Interview wird bei einem Rundgang im Gewächshaus des DCF im Dorf der Hoffnung weitergeführt. Das Gewächshaus wurde 2021 im Rahmen eines Programms des niederländischen Hilfswerks „Mensenkinderen“ gegründet. Es ist unter anderem auch ein Lehr-Gewächshaus, wo Schüler und Jugendliche die neuen Technologien für Gemüseanbau kennen lernen.)
Anghela: Stepan, sicherlich pflanzt Deine Familie auch die gesunden armenischen Kräuter an.
Stepan: Ja, natürlich. Mein Opa nennt die Vielfalt der armenischen frischen Kräuter „Schmuck eines jeden Tisches“. Da stimme ich ihm voll und ganz zu. So wie sie duften: das ist doch etwas zum Genießen!
Teresa: (Lächelnd) Ich weiß übrigens schon, was für schöne Fotos Stepan macht. Ich wünsche mir aber sehr, dass er es noch weiter bringt.
Anghela: Teresa, werden derzeit die alten armenischen Gemüsesorten angepflanzt, oder weichen diese den neuen Arten, die mehr Ernte und dadurch einen hohen Umsatz bringen?
Teresa: Die Branche muss in diesem Sinne noch einen langen Weg machen. Die neuen Arten anpflanzen und dabei auch die alten Arten erhalten, dies kann nur von Vorteil sein. Regionale Produkte prägen die Identität in großem Maße. Es ist zugleich sehr wichtig, dass sich unsere Agrarprodukte durch Qualität abheben. Regionalität ist sehr angesagt – dies stellt eine große Chance für viele Landwirte vor Ort dar.
Anghela: Liebe Teresa, lieber Stepan, ich bedanke mich ganz herzlich für dieses hervorragende Interview, ich wünsche Euch beiden viel Erfolg.
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